Eva Strittmatter – Leib und Leben

Eva Strittmatter

Eva Strittmatter wurde 1930 in Neuruppin geboren.

„Ich mach ein Lied aus Stille“ war der Titel ihres ersten Lyrikbandes – 1973.

Am 4. Januar 2011, in ihrem 81. Lebensjahr, ist Eva Strittmatter in Berlin gestorben. In den Kommentaren findest Du einige Abschiedsgedichte für die stille Dichterin.

Eva Strittmatter war eine der bekanntesten Schriftstellerinnen in der DDR. Ihr Ehemann, Erwin Strittmatter, starb 1994. Im selben Jahr starben auch ihre Mutter und ihr Sohn. In ihrem Buch,  „Leib und Leben“, 2008 erschienen, erzählt sie unter anderem, wie sie dieses Jahr überstanden hat. Zur Erinnerung an diese wunderbare Dichterin drei Ihrer Gedichte, die mir persönlich besonders gefallen. 


Liebe

Wie furchtbar auch die Flamme war,
In der man einst zusammenbrannte,
Am Ende bleibt ein wenig Glut.
Auch uns geschieht das Altbekannte.

Daß es nicht Asche ist, die letzte Spur von Feuer,
Zeigt unser Tagwerk. Und wie teuer
Die kleine Wärme ist, hab ich erfahren
In diesem schlimmsten Jahr
Von allen meinen Jahren.
Wenn wieder so ein Winter wird
Und auf mich so ein Schnee fällt,
Rettet nur diese Wärme mich
Vom Tod. Was hält
Mich sonst? Von unserer Liebe bleibt: daß
Wir uns hatten. Kein Gras
Wird auf uns sein, kein Stein,
Solange diese Glut glimmt.

Solange Glut ist,
Kann auch Feuer sein ..


Angst

Die Amsel macht mich traurig,
Die Kirschen wollen blühn.
Ich fürchte, du könntest mir sterben
Und alles würde doch grün.

Vielleicht ist es auch mein Tod,
der mich schon traurig macht.
Die Amsel kann ich nicht fragen,
Wer hilft mir heute Nacht? 


Cover des Aufbau Verlag Ich mach ein Lied aus Stille von Eva Strittmatter

Vor einem Winter

Ich mach ein Lied aus Stille
Und aus Septemberlicht.
Das Schweigen einer Grille
Geht ein in mein Gedicht.

Der See und die Libelle
Das Vogelbeerenrot.
Die Arbeit einer Quelle.
Der Herbstgeruch von Brot.

Der Bäume Tod und Träne.
Der schwarze Rabenschrei.
Der Orgelflug der Schwäne,
Was es auch immer sei,

Das über uns die Räume
Aufreißt und riesig macht
Und fällt in unsre Träume
In einer finstren Nacht.

Ich mach ein Lied aus Stille.
Ich mach ein Lied aus Licht.
So geh ich in den Winter;
Und so vergeh ich nicht. 
 

Die Gedichte sind entnommen aus: Eva Strittmatter: sämtliche Gedichte, erweiterte Neuausgabe, Aufbau-Verlag Berlin 2015 © Aufbau-Verlage GmbH & Co KG, Berlin 1973 / 2015

Eva Strittmatter Ich mach ein Lied aus Stille, CD
Eva Strittmatter, Ich mach ein Lied aus Stille, CD

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Reim, Vers & Gedicht > Traurige Gedichte > Eva Strittmatter – Leib und Leben

9 Gedanken zu „Eva Strittmatter – Leib und Leben“

  1. CD „Zwischen Himmeln und Erden“ und Poesie-Tankstelle
    Herzlichen Dank für diese inspirierende Seite! Gern möchte ich Sie noch darauf hinweisen, dass bereits 2012 meine CD „Zwischen Himmeln und Erden“ erschienen ist, die den von Manfred Schmitz vertonten Eva-Strittmatter-Zyklus enthält und dass ich seit 2016 mit meiner Poesie-Tankstelle unterwegs bin – in Deutschland und der Schweiz – und so manches Mal „Ich mach ein Lied aus Stille“ rezitiert oder gesungen habe. Die Essays über meine Poesie-Reisen erscheinen Ende November 2018 als Buch im Notschriften-Verlag. Weitere Informationen finden Sie dazu, so Sie mögen, auf meiner webseite: utahauthal.de
    Viele Grüße aus Dresden
    Uta Hauthal

    Antworten
  2. Frau Eva Strittmatter
    Frau Eva Strittmatter war eine starke Frau. Ich kenne sie schon aus meiner Kindheit. Sie war immer warmherzig und gütig. Sie starb als berühmte Frau. Für mich aber als Mensch. Mein Beileid gilt Ihren Angehörigen . Sie wird genau wie ihr Mann in unseren Herzen weiterleben.

    Antworten
  3. Abschied
    Flieg!

    Freunde sind Zugabe –

    nicht dein für immer.
    Halt sie nicht fest,
    bind sie nicht an.

    Alles hat ein Ende,
    drum lass los und gib sie frei.

    Freundschaft ist ein Vogel,
    der nur manchmal ein Nest sucht.

    Drum lass ihn fliegen,
    – und wenn du kannst –
    biete ihm deine Hand

    zur Rückkehr!

    © BvS

    Antworten
  4. Eva Strittmatter
    Eva Strittmatter zum Abschied
    Verfasst am Fr, 07/01/2011 – 03:49

    Auch Dichter müssen sterben –

    In der Ferne erblicke ich
    den Mond in voller Pracht
    und er mir hell und frisch
    Urewiges entfacht.
    Umher lagern Sterne,
    gespannt zu einem Netz,
    verankert in der Ferne
    auf Pfeiler und Gesetz.

    Sollte hier ein tiefer Reim
    die Urwahrheit umschreiben,
    schriebe ich für mich geheim
    das sie am Platz nicht bleiben.
    Denn der Gott, der sie gestellt,
    schuf auch ihnen eine feste Zeit –
    ein ausgeformtes Himmelszelt
    unterhalb der Ewigkeit.

    Drum sei dem Schöpfer Ehre
    und mein Lobpreis immerdar –
    und wenn ich sterbend kehre
    dann im Geiste noch fürwahr.

    ro

    Antworten
    • Eva Strittmatter zum Abschied
      Auch Dichter sterben irgendwann

      Doch anders als
      Blinde Wesen, die sich
      Ihr eigenstens verschlossen haltend,
      Ihre Welt nie
      Entdecken.

      Dichter dichten ihre Welt
      Anders als sie vorher schien.
      Schenken Menschen und sich selbst
      Leben, das sich selbst
      Versteht.

      Angel

      Antworten
  5. Eva Strittmatter: Leib und Leben
    Von ganzem Herzen Dank; ich habe das Buch von Eva Strittmatter gekauft und fast ohne Unterbrechung gelesen. Ich bin total begeistert, die Familie ebenfalls.
    Es war mir vieles vertraut, da wir alle Bücher von Ihrem Mann haben und ganz viele von Ihnen. In Schulzenhof waren wir bereits zweimal, auch auf dem Friedhof.
    Wir sind einfach seit frühen DDR-Zeiten Fans der Familie Strittmatter und wir sind froh, daß Sie liebe Eva Strittmatter immer noch Neues herausbringen.

    Viel Gesundheit für Sie und alle guten Wünsche
    Familie May, Leipzig

    Antworten
    • Grüße an Eva Strittmatter
      Hallo Familie May;

      vielen Dank für Ihren freundlichen Kommentar. Ich selbst, die Macherin dieser Website, kenne Eva Strittmatter vor allem durch meine Mutter.
      Die Grüße von Ihnen leite ich an Eva Strittmatter weiter.

      Alles Gute Ihnen nach Leipzig
      Angel
      ***********
      Spielen ist das ganze Geheimnis.

      Antworten

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