Dieses Sonett von Heine ist ein Fortsetzungs- Sonett. So überraschend für manchen, dass ich niemandem die Überraschung nehmen will. Tipp: Lies das Ausgangs-Gedicht erst nach dem Sonett auf dieser Seite hier.
Heine schrieb nicht nur witzige und tiefsinnige, sarastische und verbitterte Lyrik und Prosa, sondern, wie du hier bewundern kannst, auch wunderschöne Sonette.
Klingende (statt klappernde) Sonette zu dichten, braucht ein bissi mehr Übung als freie Rhythmen.
Heinrich Heine 1797 – 1856
Fortsetzung von Sonett 1: Sonett 2
Im tollen Wahn hatt ich dich einst verlassen,
Ich wollte gehn die ganze Welt zu Ende,
Und wollte sehn, ob ich die Liebe fände,
Um liebevoll die Liebe zu umfassen.
Die Liebe suchte ich auf allen Gassen,
Vor jeder Türe streckt ich aus die Hände,
Und bettelte um g’ringe Liebesspende –
Doch lachend gab man mir nur kaltes Hassen.
Und immer irrte ich nach Liebe, immer
Nach Liebe, doch die Liebe fand ich nimmer,
Und kehrte um nach Hause, krank und trübe.
Doch da bist du entgegen mir gekommen,
Und ach! was da in deinem Aug‘ geschwommen,
Das war die süße, langgesuchte Liebe.
-> zurück zu Sonett 1
Quellen
- Text: © Heinrich Heine, 1797-1856
- Bild: Isidor Popper – http://germa83.uni-trier.de/HHP/portraits/Popper1843_03.jpg, Gemeinfrei, Link